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Mikroorganismen wie Schimmelsporen und Bakterien finden sich in Innenräumen auf jeder Oberfläche. Für ihr Wachstum und die Vermehrung benötigen sie Nährstoffe und vor allem Feuchtigkeit. Nährstoffe sind in den meisten Materialien, die zum Bau, zur Dekoration und zur Einrichtung von Wohnungen und Häusern verwendet werden, reichlich vorhanden. Von Schimmelpilzen und Bakterien verwertbare Nährstoffe sind überwiegend aus Kohlenstoff und Wasserstoff aufgebaut, zudem enthalten sie oft Sauerstoff und Stickstoff. Tapeten, Holz, Spanplatten, Papier, Gipskartonplatten, Kork, Dichtungsmassen, Textilien und manche Kunststoffe enthalten Nährstoffe, die von vielen Schimmelpilzen zum Wachstum und zur Vermehrung genutzt werden können. Kommt noch genügend Feuchtigkeit hinzu, ist das Schimmelwachstum vorprogrammiert.

Auch Materialien, die eigentlich nicht als Nahrungsgrundlage geeignet sind, können verschimmeln. So bildet sich selbst auf Glasscheiben manchmal Schimmel; ein Feuchtigkeitsfilm, angereichert mit Nährstoffen, die aus anderen Materialien verdampfen und sich auf der Glasoberfläche niederschlagen, ermöglicht das Wachstum. Eigentlich unverdauliche Gegenstände aus PVC können verschimmeln: PVC-Duschvorhänge beispielsweise enthalten große Mengen an Weichmachern, die wiederum hervorragende Nährböden für Schimmelpilze darstellen. Die nötige Feuchtigkeit ist bei Duschvorhängen fast immer vorhanden.

Nicht sichtbare Schimmelschäden können zum Beispiel an Außenwänden hinter Schränken, hinter diffusionsdichten Tapeten, in Hohlräumen von Leichtbauwänden oder unter Bodenbelägen auftreten. Typische Ursachen nicht sichtbarer mikrobieller Belastungen sind auch raumlufttechnische Anlagen. Gerade ältere Klimaanlagen werden häufig nicht ausreichend gewartet. Luftfilter, die jahrelang nicht gewechselt wurden, können von Schimmel regelrecht durchwachsen sein, die Luftkanäle können durch Kondenswasser zu einer Brutstätte für Keime aller Art werden. Auch die Wassertanks der Luftbefeuchter in manchen Klimaanlagen können bei unzureichender Reinigung eine Quelle für Schimmelpilze oder Bakterien werden. Eine mikrobielle Belastung ganz anderer Art lässt sich häufig schon am Geruch erkennen: in Abwasserleitungen lebende Fäulnisbakterien bilden leichtflüchtige Schwefelverbindungen wie Dimethylsulfid und Dimethyldisulfid. Deren extrem starker Geruch nach faulen Eiern und Fäkalien ist ein Indikator für Undichtigkeiten oder fehlende Verschlussstopfen an Abwasserleitungen oder ausgetrocknete Geruchsverschlüsse von Abflüssen.

Seit einigen Jahren werden in Innenräumen zunehmend Luftuntersuchungen auf flüchtige organische Verbindungen durchgeführt, die als MVOC, also von Mikroorganismen produzierte flüchtige organische Verbindungen bezeichnet werden (Microbial Volatile Organic Compounds). Die Hauptaktivität der Mikroorganismen richtet sich auf den Abbau komplexer Nährstoffe zu einfacheren Verbindungen unter Bildung von Kohlendioxid und Wasser, mikrobieller Biomasse und Energiegewinn für die Lebensprozesse. Während dieses Um-/Abbaus werden eine ganze Reihe von Stoffwechselprodukten als flüchtige Verbindungen abgegeben, die MVOC genannt werden. Diese MVOC sind häufig sehr geruchsintensiv und für die typischen Schimmel- oder Bakteriengerüche verantwortlich. Aufgrund ihrer charakteristischen chemischen Eigenschaften sind MVOC noch in geringsten Konzentrationen (teilweise in nur wenigen Nanogramm pro Kubikmeter) geruchlich gut wahrnehmbar. Häufig finden sich Substanzen mit Doppelbindungen, Alkohole und Schwefelverbindungen unter den MVOC. Der ungesättigte Alkohol 1-Octen-3-ol beispielsweise, ein Stoffwechselprodukt vieler Schimmelpilze, riecht intensiv nach Pilzen. Er wird daher auch "Champignol" genannt. Manche Bakterien scheiden Dimethyldisulfid aus, eine durchdringend nach Fäkalien riechende schwefelhaltige Substanz.

Mit den Untersuchungen auf MVOC wird die Hoffnung verbunden, Schimmelschäden in Wohnungen quantitativ nachweisen zu können. Der klassische Nachweis von Schimmelschäden mit Hilfe luftgetragener Mikroorganismen leidet unter erheblichen Einschränkungen, u. a. weil verdeckter Schimmelbefall oder im Material befindliche Mikroorganismen nicht als luftgetragene Keime nachgewiesen werden können. Außerdem wächst nur ein kleiner Teil der in der Luft vorhandenen Mikroorganismen als "koloniebildende Einheiten" (KBE) heran. Die Analyse der von Mikroorganismen produzierten MVOC - so die Behauptung - umgeht diese Probleme und bietet einen weitaus besseren Indikator zum quantitativen Nachweis eines Schimmelbefalls in Innenräumen. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Interpretation der Ergebnisse von MVOC-Untersuchungen häufig problematisch ist. Im Jahr 2003 untersuchte das Robert-Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Institut für Hygiene und Umweltmedizin der FU Berlin und der ALAB GmbH im Rahmen einer Feldstudie, ob sich mit Hilfe der Ergebnisse von MVOC-Messungen Wohnungen mit Schimmelbefall von Wohnungen ohne Schimmelbefall statistisch zuverlässig unterscheiden lassen. In 40 Schimmel- und 44 Nichtschimmelwohnungen wurden die Raumluftkonzentrationen von 8 ausgewählten MVOC, raumklimatische Faktoren, Schwebstaubkonzentrationen und der Luftwechsel bestimmt, die Merkmale der Wohnräume protokolliert und die Daten statistisch ausgewertet.

Lediglich für zwei MVOC konnte ein Zusammenhang mit dem Schimmelstatus nachgewiesen werden. Der Einfluss anderer Faktoren auf die Raumluftkonzentration an MVOC war teilweise deutlich stärker. Bei der als Hauptindikator angesehenen Verbindung 3-Methylfuran erwies sich der Raucherstatus der Wohnung als hochsignifikanter Einflussfaktor. Als weitere wichtige Einflussgrößen wurden die absolute Luftfeuchte und die Luftwechselrate ermittelt

Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie sollten die untersuchten MVOC nur ergänzend zu anderen Methoden als Indikatoren für einen mikrobiellen Befall verwendet werden, da durch die Einflussgröße "Schimmelstatus der Wohnung" lediglich ein Teil der Konzentrationsunterschiede (Gesamtvariabilität) der MVOC in der Raumluft erklärt werden konnte. Erhebliche Beiträge lieferten andere, nicht mit dem Schimmelstatus verbundene Einflussgrößen. Bei ausschließlicher Verwendung der MVOC als Indikatoren besteht die Gefahr der Falschklassifikation. Damit bestätigen sich Zweifel, die bereits in früheren Veröffentlichungen zur Eignung mikrobieller flüchtiger organischer Verbindungen als alleinige Indikatoren für Schimmelpilzbefall in Innenräumen geäußert wurden. Wir empfehlen daher, MVOC beim gegenwärtigen Stand des Wissens nur in Ergänzung zu anderen Methoden als Indikatoren für Schimmelbefall heranzuziehen. Sinnvoll können MVOC-Messungen darüber hinaus zur Identifizierung geruchsintensiver Substanzen herangezogen werden.